14. Februar 2010

Belgien, Island, Türkei – das gleiche Schema

Category: Politik — Christian @ 19:26

Die Türkei hat für Staatsbürger der benachbarten bzw. befreundeten Länder Syrien, Libyen, Libanon und Jordanien die Visumpflicht für die Einreise in die Türkei aufgehoben. Eigentlich gut, weil dadurch Reisehemmnisse abgebaut werden und die gegenseitige Völkerverständigung gefördert wird. Nur die Europäische Union ist jetzt verärgert, weil (a) die Türkei bereits jetzt als Zwischenstation bei der illegalen Einreise aus diesen Ländern in die EU genutzt wird und (b) diese Entscheidung nicht gerade zur Harmonisierung des türkischen mit EU-Recht beiträgt. Nur ist das (a) ein Problem der EU, nicht der Türkei und ist (b) für die Grenz- und Visaharmonisierung die Verhandlung zwischen der Türkei und der EU noch gar nicht eröffnet worden. Und wenn die Türkei tatsächlich irgendwann der EU betreten sollte, wird sich das schon recht zügig harmonisieren. Warum das für uns von Interesse ist?

Island wird angeblich der neue Hafen der Pressefreiheit. Zumindest wenn es nach Julian Assange und der Islandic Modern Media Initiative (IMMI) geht. Ganz ehrlich, ich glaube nicht daran. Denn gleichzeitig drängt Island auch aufgrund der finanziellen Probleme in die Europäische Union. Was das bedeutet sehen wir beispielsweise oben an der Türkei. Da gibt es ruck-zuck Verhandlungen zwischen Island und der EU und dann wird sich herausstellen, dass dieser Freihafen, die neue Pressefreiheit und die moderne Informationsfreiheit leider, leider mit EU-Recht nicht vereinbar ist. Alleine dieses Zitat: „Als ein Beispiel für diese positiven Gesetze nennen die Verantwortlichen ein Gesetz des US-Bundesstaates New York, das die Durchsetzung britischer Gerichtsentscheidungen, die die Pressefreiheit einschränken, verhindert.“ Erwartet ernsthaft jemand, dass die demokratische, freiheitliche Europäische Union ein Land aufnimmt, das ernsthafte Versuche unternimmt, die Einschränkung der Pressefreiheit zu verhindern?

Womit wir bei Belgien wären. Das Europäische Parlament hat in einem historischen Akt des Ungehorsams gegenüber den Regierungen der Länder der Europäischen Union das Swift-Abkommen mit den USA durchfallen lassen. Ich glaube, das war ein klassischer Pyrrhus-Sieg. Die USA haben bereits angedroht, bilaterale Verhandlungen durchzuführen. Auf Deutsch heißt das, wenn die EU nicht einknickt gegenüber den USA, dann droht die USA eben solange direkt dem Land Belgien in dem Swift seinen Sitz hat, bis die belgische Regierung (vermutlich in geheimen Vereinbarungen mit den USA) das Absaugen der Daten wieder zulässt. Und weil die Belgier klein und die Verhandlungen geheim sind, dürfen die Amerikaner hinterher mehr, als sie jetzt hätten absaugen können.

Und wenn man die drei scheinbar unabhängigen Fälle betrachtet die eigentlich jeder für sich genommen positiv betrachtet werden können, ist bereits absehbar, dass die globale Bürokratie alle drei Ereignisse ins Gegenteil verkehren wird. Und deshalb ist es meiner Ansicht nach zu früh, in den Jubel um Swift und die isländische Freiheit einzustimmen. Obwohl es im Hafen von Reykjavik diesen hervorragenden Imbiss gibt.

Blindhead

(ein typisches isländisches Verkehrsschild)

1 Kommentar

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    Comment by Christian — 22. Mai 2018 @ 17:57

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