21. Februar 2008

Datenschutzgesetz = zahnloser Tiger?

Category: Datenschutz,Politik — Christian @ 16:46

Ist das Bundesdatenschutzgesetz bzw. die vergleichbaren Regelungen der Bundesländer in den jeweiligen Landesdatenschutzgesetzen eigentlich noch ein richtiges, relevantes und zu befolgendes Gesetz oder längst zur reinen Verarsche verkommen? Sozusagen ein Feigenblatt der Scham zur Beruhigung besorgter Bürger über dem hemmungslosen Missbrauch der Daten durch die Unternehmen?

Aktueller Anlass: der Fall der Stuttgarter Volksbank

Die baden-württemberger Datenschützer wollten sich den Fall ja genauer anschauen. Dazu schreibt Heise heute, die Datenschützer attestieren tatsächlich ein Fehlverhalten. Und die Konsequenz:

    „Obwohl die Datenschützer der Bank damit ein klares Fehlverhalten bescheinigen, hat der Vorgang keine weiterreichenden Konsequenzen für das Geldinstitut: Die unzulässige Nutzung von Videoaufzeichnungen und Kontodaten erfülle keinen Bußgeldtatbestand“

Keine. Wenn der normale Bundesbürger auch nur 10 km/h zu schnell auf der Straße unterwegs ist, dann gibt es einen ausgefeilten Bußgeldkatalog. Wenn die Unternehmen private Daten verschludern, passiert nichts. Ich habe noch mehr Beispiele:

Peter Huth ist auch so ein Fall. Das ist der angebliche „Sicherheitsexperte“ von Sat.1 und Pro7. In dessen Webseite wurde wegen eines schlampig programmierten PHP-Skripts eingebrochen und Kunden- sowie Kreditkartendaten geklaut. Was passiert? Nichts. Die Staatsanwaltschaft Berlin hat das Verfahren eingestellt, weil die Daten nicht gemäß den Anforderungen des § 202a StGB gesichert waren. Also ein klarer Verstoß gegen das Bundesdatenschutzgesetz. Und dazu sagt die Staatsanwaltschaft:

    „Es gebe zudem keine strafrechtlichen Ermittlungen gegen Huth: Wie dieser mit seinen Kunden umgeht beziehungsweise diese über die Problematik unterrichtet, bestimmt sich allein aus dem zivilrechtlichen Innenverhältnis.“

Gut zu wissen … wenn das nächste mal die Datenschutzbehörde prüft, ob wir den vorgeschriebenen Datenschutzbeauftragten im Unternehmen haben, kann ich denen ganz trocken mitteilen, das bestimmt sich allein aus dem zivilrechtlichen Innenverhältnis und geht die gar nichts an. Aber in Bayern haben die eh andere Probleme. Ich kenne keine einzige Firma aus meinem Umfeld bei der sich schon jemals eine Datenschutzbehörde gemeldet hätte.

In der Praxis hält sich nicht einmal das Bundesjustizministerium an seine eigenen Gesetze. Das Amtsgericht Berlin hat dem Budesjustizminsterium in Person von Frau „ich habe gar keine Ahnung“ Zypries inzwischen eine Geldstrafe von 250.000 Euro, alternativ bis zu 6 Monate Ordnungshaft angedroht, wenn die illegale Sammlung von Webserver-Logfiles nicht aufhört.

Weitere Fälle gewünscht (gerne auch Ergänzungen in den Kommentaren)?

  • Das BKA sammelt auch gerne IP-Adressen harmloser Besucher
  • Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz Peter Schaar hält das Sammeln von Daten bei Flatrates für legal (im Gegensatz zu den Gerichten übrigens). Eigentlich können wir den Schaar auch abschaffen, der blubbert eh nur.
  • Bei Swift wird von der Politik auch lieber beschwichtigt anstatt geklärt.
  • Was das Postgeheimnis noch Wert ist, erklärt uns gerade die Deutsche Post.

Eigentlich kann man das Datenschutzgesetz auch gleich ganz abschaffen.

1 Kommentar

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    Comment by Christian — 29. Juli 2010 @ 15:21

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